Die Bekleidungsproduzenten Rappolt & Söhne

Mäntel aus Hamburg für die Welt

Sylvia Steckmest legt zum ersten Mal eine Chronik der jüdischen Familie Rappolt vor, die in Hamburg Wirtschaftsgeschichte schrieb und während der NS-Zeit größtes Unrecht erlitt. Das soeben erschienene Buch Die Bekleidungsproduzenten Rappolt & Söhne. Mäntel aus Hamburg für die Welt handelt vom Aufstieg, aber auch von der "Arisierung" der Bekleidungsfirma Rappolt & Söhne.

Ja, es gab vor 150 Jahren Unternehmen der Bekleidungsindustrie mitten in Hamburg. Oppenheimer & Rappolt, später dann Rappolt & Söhne, produzierten und verkauften - seit den 1920er Jahren unter dem Markennamen ERES - qualitätsvolle Modeerzeugnisse. Dazu zählten elegante, praktische und regendichte Mäntel sowie weitere Kleidungsstücke. Zunächst lag der 1863 gegründete Betrieb am Alten Wall, anschließend in der Admiralitätsstraße, ab 1912 dann in der Mönckebergstraße. Noch heute steht das imposante Rappolthaus, das vom Architekten Fritz Höger entworfen wurde, in der Mönckebergstraße.

Den Mitgliedern der Familie Rappolt gelang es, die von Joseph Rappolt (1835-1907) gegründete Firma über Jahrzehnte erfolgreich zu führen und ihre Produkte am Markt zu platzieren, insbesondere dank der Söhne Paul (1863-1940) und Franz Rappolt (1870-1943).  

Autorin Sylvia Steckmest unterstreicht die Bedeutung des Textilunternehmens: "Um 1912 gehörten Rappolt & Söhne zu den größten Firmen ihrer Branche in Deutschland, sie exportierten auch international – bis nach Übersee. Im Rappolthaus arbeiteten zeitweise 600 Menschen. Darüber hinaus gab es 200 Heimarbeiterinnen. Sie produzierten hauptsächlich Mäntel, bei denen die serielle Anfertigung weniger kompliziert war als bei Kleidern. Ich schildere, wie die Rappolts in die höchsten Kreise der Hamburger Wirtschaft aufstiegen und auch in der Handelskammer Verantwortung übernahmen. Doch während des Nationalsozialismus wurde die Firma 'arisiert', die Familie verfolgt und fast ausgelöscht."

Die Geschichte der Rappolts erzählt von der Entrechtung dieser weit verzweigten Familie. Franz Rappolt starb in Theresienstadt, sein Bruder Paul kurz vor der Deportation. Die jüngeren Familienmitglieder wie Franz‘ Sohn, der Jurist Ernst Rappolt (1905-1940), oder Pauls Tochter, die Medizinerin Lily Rappolt (1899-1981), konnten unter großen Schwierigkeiten aus Deutschland in die USA emigirieren.

Dr. Ekkehard Nümann, Präsident der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung und Herausgeber des Bandes, betont: "Paul und Franz Rappolt haben sich nach dem Ersten Weltkrieg als großzügige Förderer der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung hervorgetan. Deshalb ist es uns ein besonderes Anliegen, sie als Mäzene der Wissenschaft zu würdigen. Beide konnten nach 1933 ihr Geschäft in Hamburg nicht halten. Das Rappolthaus und das Unternehmen mussten sie 1937/1938 verkaufen. Die Familien- und Firmengeschichte der Rappolts zeigt beispielhaft die nationalsozialistischen Verbrechen an Hamburger Jüdinnen und Juden. Sylvia Steckmests Buch erinnert an eine bedeutende Hamburger Familie, die weitgehend in Vergessenheit geraten ist."

Die Publikation erscheint im Wallstein Verlag und kann direkt dort oder im Buchhandel (ISBN 978-3-8353-3988-0) bestellt werden.