Hansestädte wie Hamburg – Modell für die Zukunft

Philosoph Dr. Julian F. Müller erhält den Werner-von-Melle-Preis 2016

Die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung hat zusammen mit der Edmund Siemers-Stiftung zum dritten Mal den mit 10.000 Euro dotierten Werner-von-Melle-Preis verliehen. Der Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung, Dr. Ekkehard Nümann, überreichte am 27. Oktober dem Philosophen Dr. Julian F. Müller den Preis im Rahmen einer Festveranstaltung in der Handels­kammer.

Mit dem Preis, in diesem Jahr zum Thema "Offene Gesellschaft" ausgeschrieben, will die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung Nachwuchswissenschaftler fördern und hervor­ragende wissenschaftliche Arbeiten auszeichnen, die eine besondere gesellschaftliche Relevanz besitzen. Damit möchte sie auch an ihren ersten Präsidenten Werner von Melle erinnern, der sich als Senator und Erster Bürgermeister um die Gründung der Hamburgischen Universität ganz besonders verdient gemacht hat.

Die Hamburger Philosophin Prof. Dr. Birgit Recki, Mitglied des Kuratoriums der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung, würdigte in ihrer Laudatio den Kenntnisreichtum und den ebenso kreativen wie argumentationsstarken Ansatz des Preisträgers, der in seiner Dissertation neue Formen eines liberalen Umgangs mit Dissens in demokratischen Gesellschaften durchdenkt.

In der Politischen Philosophie wird Dissens zumeist als Gefahr wahrgenommen.  Eine Gefahr, der es gilt mit Kompromissen Herr zu werden. Unter geeigneten Rahmenbedingungen, so Julian F. Müller, kann Meinungsverschiedenheit jedoch zum Motor gesellschaftlichen Fortschritts werden. Der Kerngedanke ist hier, dass sich der Wert neuer Ideen im Diskurs oft nicht bestimmen lässt. Neue Ideen, argumentiert er, brauchen die Praxis, um sich beweisen zu können, getreu dem lateinischen Sprichwort „Experientia est optima rerum magistra“ (wörtlich: "Erfahrung ist die beste Lehrmeisterin").

Aufbauend auf diesem Gedanken konstruiert er das Modell einer Polyzentrischen Demokratie – einem institutionellen Gefüge, das mehr Raum für politische Experimente erlaubt und so das volle Potential von Vielfalt zum Wohle der Gesellschaft nutzen kann. Verwirklichen ließe sich das Modell etwa durch ein System konkurrierender „Freistädte“ mit großen Selbstverwaltungsrechten ähnlich den früheren Hansestädten.

Julian F. Müller (32), der 2003 am Christianeum in Hamburg sein Abitur ablegte, hat in Deutschland an den Universitäten Hamburg, Tübingen und München studiert und promoviert. Darüber hinaus hat er Stipendien für Studienaufenthalte in Beijing (China) und an der University von Arizona erhalten. Seit Juli 2016 ist er Postdoc an der Brown University, einer der anerkanntesten Universitäten der Vereinigten Staaten.